Karmisches Herz im persönlichen Cloud Atlas

Die Zusammenhänge der karmischen Intelligenz sind verblüffend! Fühlen wir in unser Licht und in unseren Schatten hinein, hinterfragen unsere Bedürfnisse, Leidenschaften, Fähigkeiten und Abneigungen, so offenbaren sich uns geradezu universelle Zusammenhänge. Und es verschmelzen dabei Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer vollkommenen, logischen und perfekten Einheit. So könnte unser Wissen über „Zeit“ nur eine Illusion sein und es findet immer alles genau „jetzt“ in einer parallelen Wirklichkeit statt.

Die wichtigste Botschaft lautet: Wir können alles jederzeit ändern! Durch Beobachten, Selbstreflektion, Annahme und Akzeptanz dessen, was sich uns offenbart, ist die scheinbare Realität veränderbar. Die persönliche karmische Intelligenz ist unser individueller „Cloud Atlas“ auf dem Weg durch die irdische und universelle Existenz.

Es ist ein ungemütlicher nasskalter Vormittag im Herbst. Der Regen prasselt unaufhörlich hernieder und die Wege sind aufgeweicht vom vielen Nass. Normalerweise passieren Kaufleute aus aller Herren Länder jenen bekannten Handelsweg durch den Nürnberger Reichswald Richtung Venedig. Als eines der bedeutendsten Handelszentren Europas des 15. Jahrhunderts wurde in der Reichsstadt Nürnberg sowohl mit normalen Nahrungs- und Bekleidungsmittel als auch mit teuren Gewürzen, Handwerkskunstgegenständen und Waffen reger Handel betrieben. Nach einem heftigen Gelage in der letzten Nacht, der Wein floss wieder einmal in Strömen, lauert der berüchtigte Raubritter Lambert von Wolfstein, Nachkomme eines Adelsgeschlechts, hinter nassen Büschen und wartet auf den nächstbesten unbewachten Kaufmannstross, der sich zu dieser Zeit eigentlich durch den dichten Wald voranschleppen sollte.

Der niedere Adel hat es schwer im Jahr 1465, denn die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft, von denen der Adel lange Zeit seine Haupteinnahmen bezog, nimmt immer mehr ab. Nicht wenige Ritter aus dem niederen Adel plündern, um ihre schwindenden Einnahmen etwas aufzupolieren. Und so hat Lambert immer genau so viel zum Leben, damit er über die Runden kommt, nicht mehr und nicht weniger. Wenn von den Raubzügen mehr als erwartet übrig bleibt, wird gebührend gefeiert, reichlich getrunken und fettig gegessen. Und sich mit den sich feil bietenden Frauen vergnügt.

Zunächst verirrt sich in diesen frühen Stunden keine Menschenseele im verregneten Nürnberger Reichswald, sodass Lambert schon langsam ungeduldig und auch etwas wütend wird, da er sich nicht erklären kann, dass er, der Adelige, diesmal solange warten muss. Den erdigen, modrigen Geruch des feuchten Waldes in der Nase, erspähen er und seine zwei zwielichtigen Begleiter von Weitem plötzlich eine kleine Menschengruppe, die sich langsam den dichten Büschen nähert…

Es ist ein heißer Sommer. Und auch dieses erste Wochenende im Juli packt Leon die Gelegenheit am Schopfe, den jährlich stattfindenden Mittelaltermarkt im benachbarten Ort zu besuchen. Seit seiner Kindheit liebt er es, in die Lebensweisen, Legenden und Geschichten der sagenumwobenen Zeit des Mittelalters einzutauchen. Es ist für ihn zu einem Hobby geworden, wie auch zu einer Art Therapie, um dem gewohnt-stressigen Alltag des 21. Jahrhunderts und den Problemen hier und da irgendwie zu entfliehen. Als eher normal-denkender Mensch steht er zwar den mystischen Geheimnissen neugierig gegenüber. Was jedoch ganzheitliche Zusammenhänge vermuten lässt, schenkt er zunächst keinen großen Glauben. Für ihn zählen hauptsächlich Fakten, die man irgendwie beweisen kann. Dass seine Leidenschaft für das Mittelalter tiefsitzende seelische Gründe hat, die möglicherweise mit seiner Vergangenheit zu tun haben, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht. Auch nicht, was es mit seinem deutlich sichtbaren Muttermal auf seiner Brust nahe des Herzens und seinen Schlafproblemen auf sich hat!

Denn immer dann wenn er zu Bett geht erhöht sich sein Puls. Den Herzschlag spürt er ab der Brust bis in den Kopf hinein. Dazu ein sehr beklemmendes Gefühl in der Herzgegend. Baldiges Einschlafen meist unmöglich. Um den Schlafproblemen elegant aus dem Weg zu gehen, trinkt Leon abends ganz gerne ein bis drei Gläschen Rotwein. Später, als er sich bewusster mit sich selbst auseinandersetzt und in sich hineinfühlt, sollte er die merkwürdige aber aufschlussreiche Botschaft erhalten: „Solange ich wach bin, bin ich am Leben! Wenn ich einschlafe, könnte ich sterben“!

Manchmal gibt Leon, ein eher friedfertiger und gutmütiger Mensch, sein letztes Geld aus, um sich auf den Mittelaltermärkten gefilzte Taschen, Trinkbecher, Schmuck, Metwein, Lederarmbänder oder andere Dinge zu kaufen, die ihm für einen kurzen Augenblick ein gutes Gefühl geben. Zwar ist Leon Durchschnittsverdiener, aber ein Großteil seines Einkommens fliesst aufgrund der Scheidung von seiner Frau vor einigen Jahren seinen drei Kindern in Form von Kindesunterhalt in nicht unbeträchtlicher Höhe zu. Er hat immer genau so viel zum Leben, damit er über die Runden kommt, nicht mehr und nicht weniger. Als Leon entspannt, etwas verschwitzt, ein kühles Bier in seiner rechten Hand haltend über den Mittelaltermarkt der historischen fränkischen Kleinstadt schlendert, nimmt er zwischen den alten romantischen Fachwerkhäusern eine attraktive, geheimnisvolle junge Frau wahr, die selbstgefertigte Halsketten zum Kauf feilbietet.

Über dem Marktstand erkennt Leon auf einem großen Holzschild den in hellbrauner Handschrift gezeichneten Schriftzug „Julia´s Mittelalterschmuck“. Er kann den mystisch-dunkelbraunen Augen der Frau nicht widerstehen und lässt sich wie von Geisterhand geführt, magisch zu ihren Stand leiten. Ihre makellose Haut wirkt samt-cremig wie süßer Baileys im Sommerwind, das wenige Makeup unterstreicht ihre Lider perfekt in mystischen Tönen, ihre Aura strahlt Zauberhaftes und Unnahbares zugleich aus. Die glatten langen Haare in „hexen-rötlich-schwarz“ elegant. Sie trägt ein langes, enganliegendes grünes Mittelalterkleid aus Hanf, das ihre schlanke Taille und ihre weiblichen Rundungen perfekt betont.

Leon ist betört von Julia´s Schönheit und gibt zunächst vor, als würde er sich für den Halsschmuck, den sie zum Kauf anbietet, interessieren. Nach einem kurzen Gespräch spüren beide eine starke gegenseitige Anziehung, die Leon wie eine Seelenverwandtschaft vorkommt. Obwohl er dieses Wort niemals zuvor gehört hatte, geschweige denn an so etwas glaubt, verändert sich von diesem Moment an sein ganzes Weltbild in Lichtgeschwindigkeit. Sie verabreden sich ein paar Tage später, kommen sich näher und beginnen eine leidenschaftliche Liebesbeziehung!

Die kleine Menschengruppe nähert sich Raubritter Lambert von Wolfstein und seinen zwei zwielichtigen Zeitgenossen im ungemütlichen Herbstwald des Jahres 1465. Sie hoffen auf einen Kaufmannstross, der sich, wie meist reichlich bestückt mit teuren Handelswaren, auf der Reise gen Süden befindet. Doch was sie erspähen ist lediglich eine arme Familie mit drei Kindern, die augenscheinlich mit ihrem kompletten Hab und Gut des Weges zieht, als mussten sie zwangsweise notdürftig ihre Heimat verlassen. Für Lambert ist es eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz, Familien mit Kindern zu verschonen, doch der Schädel brummt noch vom vielen Wein und auf weiteres stundenlanges Warten hat er in diesem Moment einfach keine Lust bei diesem tristen naßkalten Wetter. Und so überfällt er mit seinen Gefolgsleuten die kärglich bekleidete Familie, die sich ihrer nicht zur Wehr setzen kann, raubt ihre wenigen Habseligkeiten und vergeht sich an der Mutter der drei Kinder. Diese und ihr Mann können nur hilflos dabei zusehen, ihre verzweifelten Hilferufe bleiben unerhört im einsamen Herbstwald.

Der Großteil des Geplünderten ist für Raubritter Lambert völlig wertlos, einzig eine seltene Münze aus Bronze kann er in der nächstgelegenen Stadt einigermassen nennenswert an einen Händler verscherbeln, um sich davon für die nächsten paar Tage seinen Lieblingsbeschäftigungen Wein, Weib und Gesang zu widmen. Was Frauen anbetrifft vergnügt er sich am Liebsten und auch am intensivsten immer mit Juliana, einer sehr leidenschaftlichen, sinnlichen und undurchschaubaren Frau. Gerade diesem Reiz verfällt Lambert nur allzugerne.

Die „leidenschaftliche“ Liebesbeziehung zwischen Leon und seiner neuen Freundin Julia, die er auf dem Mittelaltermarkt kennenlernte, sollte sich wenige Wochen später in „schafft Leiden“ verwandeln. Aus der Seelenliebe heraus erwachsen immer mehr Streitereien, welche die Tage und Nächte bestimmen, an denen sie ihre wertvolle Zeit miteinander verbringen. Manchmal sind es Kleinigkeiten, öfter sind es auch wichtige Dinge über ihre gemeinsame Zukunft, die einen tiefen Kontrast zwischen den beiden offenbaren. Eines Tages wird ein Streit so heftig, dass Julia so sehr in Rage verfällt und Leon dreimal so heftig mit ihren Fäusten auf seine Brust schlägt, dass er fast den Halt verliert. Sie trennen sich daraufhin und Julia war vom nächsten Tag an aus Leons Leben verschwunden. Einzig was in den kommenden Wochen von ihr übrig blieb war ein großer blauer Fleck auf Leon´s Brust, auf Höhe seines Herzens.

Die Machenschaften des Raubritters Lambert von Wolfstein, der mit der Zeit immer roher und gewalttätiger wurde, waren dem Grafen von Ansbach schon lange ein Dorn im Auge. Denn er sah den einst guten Ruf des blühenden Kaufmannshandels von Nürnberg ernsthaft bedroht. Juliana, Lambert´s „Lieblingsgeliebte“, wurde vom Grafen für zwanzig Kreuzer angeheuert, um dem Treiben des Raubritters ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Raubritter Lambert von Wolfstein wurde in der Nacht des 16. November 1469 während des Schlafs durch einen Messerstich ins Herz getötet.

Copyright: © Alexander Miller

Beitragsbild: „Burg Wolfstein bei Neumarkt in der Oberpfalz“: Gehvoran, Ritter: Fotolia.com #109196998 Urheber guerrieroale, Bild „Mystischer Herbstwald“ Fotolia.com #89250210 Urheber den-belitsky, Bild „Julia vom Mittelaltermarkt“: Fotolia.com #119744063 Urheber Hans und Christa Ede, Bild „Messer: Fotolia.com #123598743 Urheber fergregory

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